von Dr. Judith Bildau; direkt zu den häufigen Fragen
Warum viele Frauen erst in den Wechseljahren ihre Diagnose erhalten
Viele Frauen bekommen ihre Diagnose „Neurodivergenz“ erst rund um die Wechseljahre. Schon lange begleitet sie das Gefühl, „anders“ zu sein – eine besondere Wahrnehmung zu haben, Informationen anders zu verarbeiten oder nicht so recht in die gängigen Schubladen zu passen. Eine Erklärung dafür fehlte jedoch oft. Deshalb bedeutet die Diagnose für viele Frauen zunächst eines: eine große Erleichterung und Orientierung.
Was bedeutet Neurodivergenz?
Der Begriff Neurodivergenz beschreibt natürliche Unterschiede in der Gehirnfunktion. Prozesse wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit oder Emotionsregulation laufen bei neurodivergenten Menschen anders ab als bei neurotypischen. Dadurch kann es herausfordernd sein, Reize zu verarbeiten, Gefühle zu regulieren und den Alltag zu bewältigen.
Häufige Erscheinungsformen von Neurodivergenz sind:
- ADHS / ADS
- Autismus-Spektrum
- Zwangsstörungen
- Legasthenie & Dyslexie
- Tourette-Syndrom
- Hochsensibilität (wird oft dazugerechnet)
Warum wird die Diagnose so oft erst spät gestellt?
Viele Frauen entwickeln Strategien, um ihre Besonderheit zu „verbergen“. Sie passen sich an, kompensieren durch Perfektionismus oder soziale Intuition – ein Phänomen, das Maskieren genannt wird. Mit zunehmendem Alter fehlt jedoch die Energie für dieses ständige Verstellen.
Hinzu kommt: In den Wechseljahren sinkt der Östrogenspiegel. Dadurch verändert sich auch der Serotonin- und Dopaminhaushalt – Botenstoffe, die eng mit Aufmerksamkeit, Stimmung und Antrieb zusammenhängen. Symptome wie innere Unruhe, Konzentrationsprobleme und emotionale Instabilität können sich verschärfen.
Zusätzlich treten typische Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen und Energielosigkeit auf. Das führt bei vielen Betroffenen zu einem Gefühl von Kontrollverlust und Unsicherheit über die eigene Identität.
Was brauchen neurodivergente Frauen in den Wechseljahren?
Neurodivergente Frauen benötigen in dieser Phase eine besondere Begleitung. Hilfreich sind:
- Aufklärung & Wissen: Verstehen, was im Körper und in der Psyche passiert.
- Psychologische Begleitung: Unterstützung im Alltag und beim Umgang mit Stress.
- Struktur & Reizabschirmung: Routinen und Rückzugsräume sind besonders wichtig.
- Austausch & Wertschätzung: Das Gefühl, nicht allein zu sein und „richtig“ zu sein.
- Medizinische Optionen: Eine individuell angepasste Hormontherapie kann ein Puzzleteil sein.
Welche dieser Ansätze in deinem Fall sinnvoll sind, hängt von deiner persönlichen Situation ab – und sollte ärztlich geklärt werden.
Was mir besonders wichtig ist: Frauen, die in den Wechseljahren unter starkem Leidensdruck stehen und große Schwierigkeiten haben, ihren Alltag zu strukturieren, sollten ernst genommen werden. Hier lohnt sich der Blick auf eine mögliche Neurodivergenz – denn eine passende Diagnose und individuelle Begleitung können entscheidend für Lebensqualität und Selbstwert sein.
Fazit
Die Wechseljahre sind für viele Frauen ohnehin eine herausfordernde Zeit – für neurodivergente Frauen oft doppelt. Das Wissen um die Zusammenhänge kann entlasten, ersetzt aber nicht die individuelle Abklärung.
Wenn du dich fragst, ob deine Symptome mit den Wechseljahren, mit ADHS oder Autismus zusammenhängen – vereinbare einen Termin in der Online-Sprechstunde für die Wechseljahre auf wexxeljahre. Dort klären erfahrene Ärztinnen mit dir gemeinsam, was in deiner Situation sinnvoll ist.
Häufige Fragen zu Wechseljahren & Neurodivergenz
Wie hängen Wechseljahre und ADHS zusammen?
In den Wechseljahren sinkt der Östrogenspiegel. Das beeinflusst auch Dopamin und Serotonin – Botenstoffe, die für Aufmerksamkeit und Antrieb wichtig sind. Bei Frauen mit ADHS können dadurch Symptome wie Vergesslichkeit, innere Unruhe oder emotionale Instabilität stärker werden.
Warum wird Autismus bei Frauen oft erst in den Wechseljahren erkannt?
Viele Frauen im Autismus-Spektrum haben jahrelang gelernt, ihre Besonderheiten zu „maskieren“. Mit zunehmendem Alter fällt dieses Verbergen schwerer. In den Wechseljahren verstärken hormonelle Veränderungen Stress und Überlastung – dadurch treten autistische Merkmale oft klarer hervor.
Welche Symptome können sich bei Neurodivergenz in den Wechseljahren verstärken?
Typisch sind Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Erschöpfung und emotionale Reizbarkeit. Diese Beschwerden entstehen durch das Zusammenspiel von Hormonschwankungen und neurobiologischen Besonderheiten.
Was hilft neurodivergenten Frauen in den Wechseljahren?
Hilfreich sind klare Routinen, Reizabschirmung, psychologische Begleitung und Austausch mit anderen Betroffenen. Auch eine individuell angepasste Hormontherapie kann unterstützen. Wichtig ist, dass du weißt: „An mir ist nichts falsch.“
Sollten Ärztinnen und Ärzte gezielt nach ADHS oder Autismus fragen?
Ja. Wenn Frauen in der Perimenopause über hohen Leidensdruck, Überforderung und massive Strukturprobleme im Alltag berichten, sollten Ärztinnen und Ärzte auch an eine mögliche Neurodivergenz denken und eine Diagnose in Betracht ziehen.
Wenn du dich individuell beraten lassen möchtest, vereinbare gern einen Termin in unserer Sprechstunde für die Wechseljahre: